Ein Jagertee. Ein Glühwein. Oder zwei. Ist ja so kalt. Beim Einkehrschwung an der Hütte wärmt man sich gern innerlich mit Alkoholischem. Im Faschingstreiben ganz besonders. Aber: Ist man danach noch «fahrtüchtig»?
In Italien gilt schon seit ein paar Jahren eine Promillegrenze auf der Piste. Auch eine Idee für Skigebiete hierzulande?
Alkohol auf der Piste – eine unterschätzte Gefahr?
Der Deutsche Alpenverein (DAV) und die Bergwacht Bayern bleiben zurückhaltend. «Das ist Eigenverantwortung und nicht kontrollierbar», heißt es beim DAV. Der Bergsportverband mahnt aber: «Alkohol senkt das Reaktionsvermögen, deshalb das Trinken alkoholischer Getränke auf das Après-Ski verlegen.»
Bei der Bergwacht heißt es: «In Bayern ist das Thema Alkohol auf der Piste nicht per se relevant für das Einsatzgeschehen.» Das Thema Après-Ski und Barbetrieb habe hierzulande nicht die Bedeutung wie etwa in Österreich und finde eher im Tal statt.
Unklare Zahlen, aber offensichtliche Risiken
Zahlen über Pistenunfälle in Deutschland unter Alkoholeinfluss haben weder Alpenverein noch Bergwacht – noch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV.
Auch der Präsident des Bayerischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit, Thomas Holz, sagt, ihm sei keine Statistik bekannt. «Es ist aber unstrittig, dass es Fälle gibt.» Deshalb begrüße er die Kampagne des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) unter dem Motto «Alkohol und Sport – das passt nicht zusammen!».
Ärzte warnen: Selbstüberschätzung kann fatal enden
Ärzte werden deutlicher. «Alkohol beeinträchtigt das Reaktionsvermögen tatsächlich bereits in kleinen Mengen», sagt Fabian Stuby, Ärztlicher Direktor der BG Unfallklinik Murnau, wo viele Patienten auch aus dem Ausland nach Skiunfällen landen. «Dazu kommt eine weitere Folge des Alkohols, die auf der Skipiste fatal sein kann: die Selbstüberschätzung», sagt Stuby. «Die Risikobereitschaft nimmt zu, das Reaktionsvermögen nimmt gleichzeitig ab – da sind Unfälle vorprogrammiert.»
Zusätzliche Gefahr im Winter: «Alkohol weitet die Gefäße und dadurch haben Sie beim Skifahren ein höheres Risiko zu unterkühlen.»
Wie kontrollierbar wäre eine Promillegrenze?
Bei der Frage nach einer Promillegrenze könne man sich tatsächlich an den Regelungen im Straßenverkehr orientieren. Allerdings sei die Koordinationsfähigkeit beim Skifahren wahrscheinlich mehr gefordert als beim Autofahren. Skifahrer erreichten zudem durchaus Geschwindigkeiten von 50 bis 80 Stundenkilometern.
Der Wert von 0,5 Promille sei etwa nach zwei Glühwein erreicht, sagt der Mediziner. Bei Frauen zeige sich die Wirkung meist früher. «Hier reicht unter Umständen bereits ein Glas Glühwein, um eigentlich nicht mehr sicher Skifahren zu können.»
Auch Peter Biberthaler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie am TUM Klinikum Rechts der Isar in München, warnt: Skifahren funktioniere nur, weil man mit fein ausbalanciertem Gleichgewichtssinn und schnellen reflexartigen Korrekturbewegungen den wechselnden Anforderungen aus Tempo, Gefälle, Gegendruck durch den Ski gerecht werde. Unter Alkohol komme es zu unwillkürlichen Fehlbelastungen der Ski und einer verspäteten Reaktion - das Risiko für Stürze und Kollisionen erhöhe sich erheblich.
Rat zur Nüchternheit
«Skifahren ist ein wunderbarer Sport», sagt Biberthaler. «Meine dringende Empfehlung ist daher, dabei komplett auf Alkohol zu verzichten. Denn die Wahrscheinlichkeit für schwere und schwerste Verletzungen steigt unter Alkoholeinfluss signifikant.» Und: «Mit intakten Knochen und Bändern lässt sich bei der Après-Ski-Party umso besser feiern.»
In Deutschland gebe es zwar für die Skipiste kein Alkohollimit. «Wer unter Alkoholeinfluss mit einem anderen Skifahrer zusammenstößt und einen Schaden verursacht, muss aber damit rechnen, durch seine Haftpflichtversicherung in Regress genommen zu werden.»
Dennoch bleiben Verbände beim Verweis auf die Eigenverantwortung. Getreu dem Motto «Leben und leben lassen» entspreche das der Kultur in Bayern, sagt Kuratoriumspräsident Holz. Und: «Es ist schlichtweg nicht leistbar, ein derartiges Verbot nur ansatzweise zu kontrollieren.»
Auch der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte sähe ein Problem bei der Umsetzbarkeit und der Durchsetzbarkeit. Liftbetreiber könnten ihr Hausrecht ausüben und Fahrgäste wegen Trunkenheit ausschließen - auch das sei aber in der Praxis schwer umsetzbar.
Italien als Vorbild? Strenge Regeln auf der Piste
In Italien kontrollieren Carabinieri auf Skiern die Regeln auf den Pisten. Schon seit 2022 müssen alkoholisierte Wintersportler auf Italiens Pisten mit hohen Geldbußen rechnen. Ab 0,5 Promille kann es ein Bußgeld je nach Provinz zwischen 250 und 1000 Euro geben. Ein Alkoholpegel ab 0,8 Promille gilt als Straftat und kann entsprechend bestraft werden.
Die Italiener erlegen den Wintersportlern auch andere Regeln auf: Auf Pisten gilt eine Helmpflicht für alle bis 18 Jahre; Skifahrer müssen eine Haftpflichtversicherung nachweisen können. In Deutschland hingegen hat laut Holz ohnehin so gut wie jeder Skifahrer eine Haftpflicht – und eine Helmpflicht gibt es nicht.
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