Im Prozess um einen mutmaßlichen Corona-Impfschaden hat eine Frau aus Oberfranken einen Teilerfolg gegen den Hersteller Astrazeneca erzielt. Eine Zivilkammer des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg verurteilte das Unternehmen am Montag zu einer umfassenden Auskunft über Nebenwirkungen seines Corona-Impfstoffs «Vaxzevria», wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Der Zivilprozess gehört zu den ersten gegen einen Corona-Impfstoffhersteller in Deutschland.
Das Unternehmen muss laut der nun getroffenen Entscheidung Daten zu allen bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen des Impfstoffs zur Verfügung stellen sowie zu sämtlichen weiteren Erkenntnissen, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen des Impfstoffs von Bedeutung sein können, «soweit diese das Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) betreffen». Die Auskünfte müssen für den Zeitraum vom 27. Dezember 2020, der Zulassung des Impfstoffs, bis zum 19. Februar 2024 erfolgen.
Die 33 Jahre alte Klägerin hatte sich im März 2021 mit dem Covid-19-Vakzin von Astrazeneca impfen lassen und danach eine sogenannte Darmvenenthrombose erlitten. Sie kam in ein Koma, letztlich musste ihr ein Teil des Darms entfernt werden. Sie fordert von dem britisch-schwedischen Unternehmen Schmerzensgeld und Schadenersatz. Während des Verfahrens kam die nun erfolgreiche Auskunftsklage hinzu.
Der Anwalt der Frau, Volker Loeschner, sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur, dass seine Mandantin und er über die Entscheidung des Gerichts sehr glücklich seien. Er gehe davon aus, dass nach diesem Erfolg weitere Auskunftsklagen in ähnlichen Verfahren folgen werden. Die von Astrazeneca zur Verfügung zu stellenden Daten könnten für weitere bereits laufende und künftige Verfahren relevant sein, sagte Loeschner. Im Grunde muss Astrazenenca die Daten demnach sofort zur Verfügung stellen. Er wolle dem Unternehmen aber eine Frist von mehreren Wochen setzen, sagte Loeschner.
Der Gerichtssprecher wies darauf hin, dass sich die zu erteilenden Auskünfte nur auf die Erkrankung der Klägerin beziehen. Von Astrazeneca zur Verfügung gestellte Daten seien zudem zunächst nur den Klageparteien zugänglich. Die 33-Jährige hatte mit ihrer Klage auch Auskünfte von Astrazeneca zu allen Wechselwirkungen mit dem Impfstoff verlangt. Dies lehnte der Senat aber ab. Eine Revision gegen das Teilurteil ließ er nicht zu. Das Unternehmen kann gegen die Entscheidung unter Umständen noch Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof stellen, um doch noch ein Revisionsverfahren zu erreichen.
Das Schadensersatz- und Schmerzensgeldverfahren der Klägerin läuft weiter. Die Frau fordert von Astrazeneca mindestens 250.000 Euro Schmerzensgeld sowie 17.200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600.000 Euro für künftige Beeinträchtigungen. Die Anwälte von Astrazeneca schlossen einen Vergleich mit der Klägerin bislang aus und verwiesen auf die Entscheidung des Landgerichts Hof.
Dieses hatte die Klage der Frau in erster Instanz abgewiesen, da es weder einen Produktfehler noch einen Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff feststellen konnte. Dagegen legte die Frau Berufung ein. Eine Sprecherin von Astrazeneca hatte zuvor mitgeteilt: «Unser Mitgefühl gilt denjenigen, die gesundheitliche Beschwerden gemeldet haben.» Die Patientensicherheit habe höchste Priorität. Zudem hätten die Aufsichtsbehörden strenge Standards, um die sichere Anwendung aller Arzneimittel einschließlich Impfstoffen zu gewährleisten. «Arzneimittelbehörden auf der ganzen Welt haben bestätigt, dass die Vorteile einer Impfung mit unserem Covid-19-Impfstoff Vaxzevria die Risiken der extrem seltenen potenziellen Nebenwirkungen überwiegen.»
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