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Prozess zu ICE-Unfall: Corona-Gegner weist Vorwürfe zurück

Die Angeklagten sollen im Kampf gegen die Corona-Maßnahmen im Januar 2021 einen ICE in Unterfranken gefährdet haben, um überregionale Aufmerksamkeit zu erregen.  / Foto: Angelika Resenhoeft/dpa
Die Angeklagten sollen im Kampf gegen die Corona-Maßnahmen im Januar 2021 einen ICE in Unterfranken gefährdet haben, um überregionale Aufmerksamkeit zu erregen. / Foto: Angelika Resenhoeft/dpa

In Unterfranken spannen mehrere Menschen Planen über ein Bahngleis - offensichtlich aus Protest gegen die Auflagen in der Corona-Krise. Nun steht die Berufungsverhandlung in der Sache an.

Ein bekennender Gegner der staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen hat vor Gericht zurückgewiesen, einen ICE in Unterfranken zu einer gefährlichen Schnellbremsung veranlasst zu haben. Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Würzburg bestritt der Angeklagte die Tat. 

Zwar habe es am Tattag, dem 6. Januar 2021, eine bundesweit koordinierte Aktion von Gegnern der staatlichen Corona-Auflagen gegeben, an der auch er beteiligt gewesen sei. Allerdings habe er nicht dabei geholfen, fünf an Holzlatten befestigte Plakate über die Gleise auf der Bahnstrecke Gemünden-Waigolshausen aufzustellen, um den Zug zu gefährden, sagte der 40-Jährige.

Schriftzüge im Schnee

Vielmehr sei er an dem Tag auf dem Kreuzberg in der Rhön gewesen und habe Schriftzüge in den Schnee gesprüht wie «Impfen nein danke», «Wacht auf», «Denkt selbst» und «Söder muss weg», sagte der vierfache Vater. Er habe während der Corona-Pandemie etliche Versammlungen gegen die staatlichen Maßnahmen organisiert und wegen Verstößen auch Bußgelder kassiert, die er aktuell noch abzahle.

Zu dem Vorfall mit dem ICE sagte der Angeklagte: «Die Aktion ist absolut sinnbefreit, weil überhaupt keine Forderung draufsteht.» Er habe erst einige Tage nach dem Vorfall von Gleichgesinnten davon erfahren.

Plakate über Bahnstrecke

Die Anklage wirft dem 40-Jährigen und seiner mitangeklagten, mutmaßlichen Komplizin (63) vor, die Transparente über der Bahnstrecke aufgestellt zu haben. Darauf waren unter anderem in roter Farbe geschrieben: «Achtung Gleisbruch 2km» und «Diesmal Fake». 

Ein aus Schweinfurt kommender ICE mit 62 Fahrgästen durchfuhr eine dieser Konstruktionen mit einer Größe von etwa 1,50 mal 4,50 Meter. Verletzt wurde niemand. Die Ermittler gingen rasch davon aus, dass Gegner der Corona-Maßnahmen für die Aktion verantwortlich sein könnten, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Angeklagte, eine vierfache Mutter, äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. 

Telefonüberwachung beim Verdächtigen

Ein Polizist spielte am ersten Verhandlungstag dem Gericht einige Aufnahmen von Telefongesprächen des Angeklagten vor, die die Polizei nach dem ICE-Vorfall im Rahmen von Überwachungsmaßnahmen aufgezeichnet hatte. Auf die Frage, warum die Polizei seine Wohnung mit einem Spezialeinsatzkommando gestürmt habe, sagte der 40-Jährige darin zu einem offensichtlich als Anwaltsvermittler agierenden Mann: «Weil wir ein Banner über eine Bahnstrecke gespannt haben.»

Er und andere Beteiligte hätten gedacht, dass auf der Strecke nur Güterzüge fahren, sagte der 40-Jährige in dem Telefonat. Tatsächlich sei an diesem Tag aber ein ICE dort unterwegs gewesen, der umgeleitet worden war. «Sie (Polizei) unterstellen uns, wir haben es auf den ICE abgesehen.» Die Ermittler hätten auch das Kennzeichen seines Autos, «das dort in der Nähe stand». Zudem erwähnte der Angeklagte den Namen seiner Mitangeklagten in dem Gespräch.

Erstes Urteil 2022

Das Amtsgericht Gemünden am Main hatte 2022 den 40-Jährigen und die 63-Jährige wegen fahrlässigen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und Nötigung schuldig gesprochen. Der Mann erhielt eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Die Frau wurde zu neun Monaten Haft verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung.

Sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft legten Berufung gegen die Entscheidung ein, daher wird die Sache erneut verhandelt. 

Verkehrsgutachter gefragt

Die im April 2024 begonnene Berufungsverhandlung war im Mai 2024 ausgesetzt worden, weil Nachermittlungen nötig wurden und ein Sachverständigengutachten eingeholt werden sollte. Der Gutachter für das Eisenbahnbundesamt soll im Laufe des Prozesses erläutern, ob durch das Aufstellen der Plakate mit Holzgestell eine Gefahr für Leib und Leben der ICE-Passagiere bestanden habe.

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