Noch einmal «Hello», «Someone Like You» und «Rolling in the Deep» - und gegen 22.15 Uhr am Samstagabend heißt es dann: aus und goodbye. Zehn Konzerte hat Adele in München im August gegeben - in einem eigens für sie errichteten Pop-Up-Stadion. Wie schon die Male davor begeisterte die Sängerin die Menschen an ihrem letzten Abend in München mit einer emotionalen und mitreißenden Show. Die 36-Jährige erwies sich nicht nur als brillante Sängerin, sondern auch als wunderbare Entertainerin mit trockenem Humor und einem erfrischenden Hang zu Flüchen. Was bleibt nach diesem lauen Abend, der mit einem großen Feuerwerk und allgemeinem Freudentaumel endete?
«Gäste, die Geld ausgeben wollten»
Schöne Erinnerungen - und satte Umsätze, etwa bei den Gastronomen in und um München. «Wie so ein Sommermärchen war das», resümierte die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Angela Inselkammer. Eine Statistik und belastbare Zahlen habe sie noch nicht. Aber: «Die Hotels waren einfach voll – und zu sehr guten Raten.» Das gelte nicht nur für die Stadt München, sondern auch für das Umland.
Der August sei viel besser gelaufen als sonst. «Die Nachfrage war toll, und das waren durchaus Gäste, die Geld ausgeben wollten.» Und das, obwohl auch die Tickets nicht billig waren. Verbandspräsidentin Inselkammer wünscht sich deshalb: gerne wieder. Eine solche Superstar-Konzertreihe könne München regelmäßig gebrauchen.
Mehr als 70.000 Besucher pro Show
Adele, die bekanntermaßen nicht gerne auf Tour geht und zuletzt 2016 auf dem europäischen Festland auftrat, hatte sich in München ein riesiges Stadion für mehr als 70.000 Besucherinnen und Besucher bauen lassen, auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten im schwarz-weißen Adele-Look. Herzstück war eine gigantische Leinwand - in Weltrekord-Größe mit mehr als 4.159 Quadratmetern, wie es hieß. Rund um das Stadion auf dem Messegelände war die Adele-Welt aufgebaut, mit Essen, Getränken und Karaoke.
Rund 730.000 Tickets wurden insgesamt verkauft, wie die Veranstalter bekannt gaben. Und diese Menschenmassen mussten irgendwo schlafen und essen, sie kauften ein, fuhren Taxi oder Bus. Der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) hatte damit gerechnet, dass die Konzertreihe der Wirtschaft in der Stadt insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro einbringen wird.
«Wir gehen von einer zusätzlichen lokalen Wertschöpfung von mehreren hundert Millionen Euro aus», sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. «Gastronomie und Hotels, Einzelhandel und Souvenirstände sowie Bus- und Taxigewerbe haben von den Konzertbesuchern profitiert, die in der Regel nicht nur für einen Tag in München geblieben sind.»
Mama-Alltag statt Gänsehaut-Shows
Doch die Ausnahme-Wochen sind nun vorbei. «Plötzlich ist es September», stellte Adele in ihrer Abschiedsshow fest und sprach von einem magischen Sommer mit Gänsehaut-Gefühl. «Danke München!» Ende Oktober startet sie eine Reihe mit zehn Shows in Las Vegas in den USA. «Danach werde ich euch nicht mehr sehen für eine unglaublich lange Zeit», kündigte die Sängerin an. Dann kamen ihr die Tränen: «Ich habe die vergangenen Jahre damit verbracht, mir ein neues Leben aufzubauen, und ich will es auch leben.»
In wenigen Stunden werde sie nach Hause fliegen, verriet sie dem Publikum. Dort wartet ihr Alltag auf sie, mit ihrem Sohn und ihrem Partner Rich Paul. Entsprechend bodenständig sind ihre Pläne für Montag: «Ich bringe mein Kind in die Schule.»
«Klimapolitisches Fiasko»
Doch bei aller Begeisterung - Umwelt- und Klimaschützer sehen das wochenlange Adele-Event kritisch. «Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung, die Konzertreihe an einem zentralen Ort stattfinden zu lassen, nachhaltiger als eine Tournee in verschiedenen Städten oder sogar Ländern», befand der EU-Klimapakt. Auf den zweiten Blick aber stelle sich die Sache etwas anders dar.
EU-Klimapakt-Botschafter Julian Vogels hat 1407 Konzertbesucher gefragt, wie sie nach München gekommen waren. Das Ergebnis: Jeder Vierte (24,3 Prozent) kam per Flugzeug. Die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen pro Person lagen den Angaben zufolge bei 41,14 Kilogramm - so viel wie ein Baum in drei Jahren kompensieren kann.
Das sei um ein Vielfaches höher als die durchschnittliche Anreise bei der Sommertournee 2023 der Band AnnenMayKantereit (12,44 Kilogramm). «Adeles Fans sind internationaler, und gerade deswegen ist es ein klimapolitisches Fiasko, dass Adele eine Konzertserie in München einer Tournee vorzieht», so Vogels' Fazit. «Hätte Adele zum Beispiel in fünf großen europäischen Städten gespielt, hätte sich die durchschnittliche Anreiseentfernung deutlich reduziert, und somit hätten auch deutlich weniger Menschen das klimaschädliche Flugzeug als Anreiseart gewählt.»
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten