Das Münchner Gärtnerplatztheater hat eine neue «Carmen». Die österreichische Mezzosopranistin Sophie Rennert gab ihr vom Publikum umjubeltes Rollendebüt in einer Neuproduktion der Oper von Georges Bizet. Die Inszenierung ist die erste Premiere der noch jungen Spielzeit an dem Staatstheater.
«Ich halte "Carmen" für ein hochpolitisches Stück. Daher habe ich die Handlung auch um ein Jahrhundert weiter in die Zeit der Franco-Diktatur versetzt», sagte Regisseur Herbert Föttinger der Münchner «Abendzeitung».
Dass er die Handlung der Oper von 1875 um ein Jahrhundert verschiebt, ist die Kernidee seiner eher schlichten, an großen Regie-Einfällen eher armen Inszenierung (Bühne: Walter Vogelweider).
Regisseur schreibt neuen Text
Beim Text aber hat der Regisseur sich ausgetobt: «Bei uns wird auch nicht Tabak oder Ähnliches geschmuggelt, sondern Gewehre für Aufständische, die es in Spanien auch nach dem Ende des Bürgerkriegs und des Zweiten Weltkriegs gegeben hat», sagte Föttinger der «AZ». Um das zu betonen, hat er eine neue Fassung von Textpassagen geschrieben.
Und um zu betonen, wie feige Don José (Lucian Krasznec) ist, lässt er ihn Carmen heimtückisch von hinten erstechen. «Er ist ein Mensch, der nicht zum Zug kommt», beschreibt Regisseur Föttinger in der «AZ» sein Verständnis von der Rolle. «Dann verliebt er sich wie ein Wahnsinniger und sie sagt ihm nach drei Monaten, dass er ein Langweiler ist. Der Mann hat wirklich Pech: Er ist ein Verlierer mit geringem Selbstwertgefühl, Versagensängsten und niedriger Impulskontrolle, die ihn zum Messer greifen lässt.»
«Im Endeffekt ist es ein Femizid, ein Frauenmord»
«Im Endeffekt ist es ein Femizid, ein Frauenmord, wie er auch heute leider noch sehr oft vorkommt», sagte Sängerin Rennert dem Bayerischen Rundfunk. Auch wenn die rund dreistündige Inszenierung eher vor sich hin plätschert, gibt es am Ende großen Jubel vom Premierenpublikum - vor allem für Rennert.
«Carmen» sei seine allererste Oper gewesen, sagte Theaterintendant Josef E. Köpplinger bei der Premierenfeier. Als Zehnjähriger habe er sie in Wien gesehen und damals - weil sie nun mal auf Französisch war - nichts verstanden. «Heute schon.»
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