Rund ein Jahr nach der Veröffentlichung von Daniel Kehlmanns Roman «Lichtspiel» kommt er auf die Bühne. Der Intendant des Münchner Volkstheaters, Christian Stückl, inszeniert die Geschichte des Filmemachers Georg Wilhelm Pabst, der während der Hitler-Diktatur aus den USA zurückkehrte und in Nazi-Deutschland Karriere machte, als sehr langes, sehr schweres, anstrengendes Lehrstück über die ganz großen Fragen: Wo hört Mitläufertum auf, wo fängt Mittätertum an? Und gibt es so etwas wie unpolitische Kunst?
Enttäuschung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Stückls Inszenierung führt zunächst in die USA, wo der Österreicher Pabst (lebte von 1885 bis 1967 und wird am Volkstheater gespielt von Silas Breiding) nach einigen Erfolgen in Europa auf den großen Durchbruch in Hollywood hofft und bitter enttäuscht wird von seinen begrenzten Möglichkeiten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Als seine Mutter in Österreich erkrankt, nimmt er das zum vielleicht vorgeschobenen, sicher aber willkommenen Anlass, zurückzukehren in das Land, aus dem gerade so viele seiner Künstlerkollegen zu fliehen versuchen. Heim ins Reich - und heim in die Fänge nationalsozialistischer Propaganda, personifiziert durch Joseph Goebbels (Jan Meeno Jürgens).
Auch wenn Pabst seiner Frau Gertrude (Carolin Hartmann), die ihm trotz dessen Untreue wacker die Treue hält, anfangs immer noch verspricht, man werde nicht lange bleiben und bald zurückkehren in die USA, wird schnell klar, dass er das eigentlich gar nicht will. Zu verlockend sind die filmischen Möglichkeiten, die Nazi-Deutschland ihm zu Füßen legt. Zu tief sitzt dem eitlen Regisseur der Stachel des Misserfolgs in den USA.
Wie unpolitisch ist eine Zusammenarbeit mit Leni Riefenstahl?
Und so arbeitet er bald an der Seite von Adolf Hitlers Haus- und Hofregisseurin Leni Riefenstahl (Nina Noé Stehlin), während er sich selbst immer noch einzureden versucht, dass das, was er da mache, dass seine Kunst mit Politik nichts zu tun habe.
Macht ihn dieses Verhalten zum Nazi? Das ist die große Frage, die Stückls rund dreistündige, weitgehend starre und selten durch starke Episoden wie die eindrückliche Unterwerfungsszene zwischen Pabst und einem als Schatten überlebensgroßen Goebbels unterbrochene Inszenierung etwas zu plakativ stellt.
Zum Schluss gibt es bei der Uraufführung trotzdem viel Applaus für Stückl, der in der kommenden Woche in Oberammergau sein Konzept für die Passionsspiele 2030 vorstellen will, für sein Team und für die Schauspiel-Riege, aus der Cedric Stern mit seiner Rolle als Pabsts Sohn Jakob erfrischend heraussticht.
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