Anfang Juni hielt zerstörerisches Hochwasser Bayern tagelang in Atem. Auch wenn in der aktuellen Hitze niemand an gefährliche Wassermassen denkt, muss die Vorsorge verbessert werden. Denn Experten gehen davon aus, dass derartige Extremwetterereignisse im Freistaat im Zuge der Klimaveränderungen immer wahrscheinlicher werden. In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause im Kloster Weltenburg bei Kelheim stellt das Kabinett weitere Weichen.
Neues 30-Millionen-Euro-Sofortprogramm
Zur schnellen Beseitigung der Schäden an den Hochwasserschutz-Einrichtungen stellt der Freistaat 30 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Konkret sollen auf staatliche Gewässer erster und zweiter Ordnung rund 14,5 Millionen Euro, auf Wildbäche rund 7,5 Millionen Euro sowie auf kommunale Anlagen rund 8 Millionen Euro entfallen. Flüsse erster Ordnung sind große Flüsse wie Isar, Lech und Donau, in der Kategorie zweiter Ordnung finden sich auch teils kleine regional begrenzte Bachläufe.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte zudem an, dass das Land «perspektivisch» in den nächsten Jahren weitere 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen werde, um weitere Hochwasserprojekte zu machen und bereits in der Planung befindliche zu beschleunigen. Insbesondere der Ausbau der Flutpolder hinkt seit Jahren hinter den eigenen Plänen hinterher.
Flutpolder sind Flächen, die mit Deichen abgegrenzt und bei extremen Hochwasserereignissen geflutet werden können. Nach dem Hochwasser von 1999 hatte die Staatsregierung den Bau von sieben großen Flutpoldern beschlossen, bislang sind aber erst zwei dieser Projekte verwirklicht.
Mit den 30 Millionen Euro zur Sofortmaßnahme werde verhindert, dass im Fall eines weiteren Hochwassers an den durch das Juni-Hochwasser beschädigten Schutzanlagen Gefahren für Leib und Leben entstünden. Im laufenden Aktionsprogramm «PRO Gewässer 2030» stehen schon jetzt jährlich rund 200 Millionen Euro zur Verfügung.
Umweltminister will noch mehr Geld für Hochwasserschutz
Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) betonte, dass Bayern in den kommenden Jahren mehr Geld in den Hochwasserschutz investieren müsse: «Perspektivisch werden wir ab 2026 circa 100 Millionen Euro brauchen, um am Ende den Hochwasserschutz zu beschleunigen.» Auch dürfe es keinen weiteren Stellenabbau bei der Wasserwirtschaft geben, hier seien die Aufgaben für die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren stark gewachsen. An die Kommunen appellierte Glauber, beim Hochwasserschutz an einem Strang zu ziehen - «nicht jeder Damm und jeder Deich fällt auf Wohlgefallen».
Neues Tool für den Hochwasserschutz
Ab Donnerstag soll es in Bayern mit dem sogenannten Hochwasser-Check zudem ein neues Tool zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in den Kommunen an den Start geben. Dazu gehört ein Beratungsgespräch zwischen Wasserwirtschaftsamt und Kommune, plus optionale Ortsbegehungen. Dabei sollen drohende Wassergefahren identifiziert werden.
Zentral für den Hochwasserschutz sind die bestehenden Gefahrenkarten sowie die Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzflut. Diese waren erst im Februar 2024 veröffentlicht worden und liefern Informationen zu Risiken durch unkontrolliert abfließendes Wasser in der Fläche, die auch abseits von Gewässern bestehen. Den Kommunen würden dann geeignete Schutzmaßnahmen erörtert und die Umsetzung aufgezeigt.
Mehr naturnaher Hochwasserschutz
Als Ergänzung zum technischen Hochwasserschutz sollen auch die Wasserflüsse in der Landschaft wieder mehr Beachtung finden. «Die Flur selbst muss zum leistungsfähigen Wasserspeicher werden und wasserabflussbremsend sowie wasserrückhaltend gestaltet werden», hieß es.
Um das zu errreichen setze Bayern auf Beratung, dezentrale bauliche Maßnahmen wie etwa naturnahe Rückhaltebecken und begrünte Abflussmulden, Förderung ökologisch wertvoller Landschaftselemente sowie Bodenordnung und Flächenmanagement. In den letzten fünf Jahren seien für mehr als 400 Maßnahmen bereits mehr als 40 Millionen Euro an Zuschüssen für die Umsetzung solcher Maßnahmen ausgereicht worden.
Söder sieht Bayerns Hochwasserschutz auf gutem Weg
«Wir haben schon bislang 4 Milliarden (Euro) investiert seit 2001 und werden wieder 2 Milliarden in den nächsten Jahren investieren», sagte Söder. Mehr als 190 Kilometer Deiche seien seither neu errichtet, 340 Kilometer Deiche saniert und circa 2500 Quadratkilometer als Überschwemmungsgebiet gesichert worden. Zudem gebe es mehr als 300 neue Hochwasserrückhaltebecken. «Man kann also sagen, wir sind da gut unterwegs.»
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