Nürnberg bringt sich als zentralen Standort für ein künftiges NSU-Dokumentationszentrum ins Spiel. Die Stadt bemühe sich seit Jahren zusammen mit bürgerschaftlichen Initiativen um ein würdevolles Gedenken an die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe, teilte Oberbürgermeister Marcus König (CSU) am Donnerstag mit. In Nürnberg ist laut der Stadt auch eine inhaltliche Anbindung an das Dokumentationszentrum zum ehemaligen NS-Reichsparteitagsgelände und dem Memorium Nürnberger Prozesse möglich, sodass eine Linie vom Nationalsozialismus zum NSU-Komplex gezogen werden könne.
Zwischen 2000 und 2007 ermordete der «Nationalsozialistische Untergrund» (NSU) zehn Menschen, neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Drei der Opfer erschossen die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Nürnberg: den Blumenhändler Enver Şimşek, den Imbissbesitzer İsmail Yaşar und den Schneider Abdurrahim Özüdoǧru. Heute erinnern ein Park und zwei Plätze in der Stadt an die drei Familienväter.
2011 begingen Mundlos und Böhnhardt Suizid, um ihrer Festnahme zu entgehen. Als einzige Überlebende des Trios wurde Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft als Mittäterin verurteilt.
Zu dem geplanten Dokumentationszentrum hatte die Bundeszentrale für politische Bildung im Auftrag des Bundesinnenministeriums eine Machbarkeitsstudie vorgelegt. Diese sieht einen zentralen Standort und weitere Orte des Erinnerns an die Mordopfer vor. Eine Entscheidung soll demnach in diesem Jahr fallen. Das Dokumentationszentrum soll die NSU-Mordserie laut dem Konzept kritisch aufarbeiten und das Versagen des Staates thematisieren. In vielen Fällen gerieten die Mordopfer und deren Familien selbst in das Visier der Ermittler - so auch İsmail Yaşar. Nach seinem Tod durchsuchte die Polizei den Imbiss, seine Wohnung und einen Spielplatz in der Nähe, weil diese Kontakte ins Drogenmilieu vermutete.
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