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Ein Jahr nach dem Aus: Bayerns Abschied von der Atomkraft

Das stillgelegte Kernkraftwerk Isar 2. / Foto: Peter Kneffel/dpa
Das stillgelegte Kernkraftwerk Isar 2. / Foto: Peter Kneffel/dpa

Das Zeitalter der Atomkraft endet auch in Bayern mit dem Abschalten von Isar 2. Die Diskussion über die Zukunft der Energieversorgung hält an.

Das Zeitalter der Atomkraft ist auch in Bayern seit einem Jahr vorbei. Am 15. April 2023 wurde das Kernkraftwerk Isar 2 in Essenbach (Landkreis Landshut) vom Netz genommen. Ein Schritt, der weiterhin für Diskussionsstoff sorgt. Während CSU und Freie Wähler bis zuletzt für einen Weiterbetrieb plädiert hatten, sind die Grünen froh über das Aus und fordern von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mehr Einsatz für den Ausbau erneuerbarer Energien. Klar ist jedenfalls: Hochgefahren werden kann der Meiler Isar 2 nicht mehr. Der Rückbau hat begonnen, wie eine Sprecherin des Betreibers PreussenElektra sagte.

Aus Sicht der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze steht fest: «Bayern ist ohne Atomkraft sicherer. Der Abschied von dieser extrem risikoreichen Stromerzeugung ist und bleibt ein großer Gewinn für unsere Heimat und die Menschen hier.» Ein Jahr nach dem Abschalten zeige sich, dass die Befürworter der Atomkraft falsch gelegen seien, denn: «Wir hatten und haben ausreichend Strom zur Verfügung. Die Strompreise sind heute niedriger als vor dem AKW-Aus.»

Martin Stümpfig, Sprecher für Energie der Landtags-Grünen, pflichtete dem bei: Der Anteil der erneuerbaren Energien sei nie so hoch gewesen wie heute. Es werde so wenig Kohle verstromt wie seit den 1960er-Jahren nicht mehr, und die Strompreise seien seit dem Atomausstieg gesunken. «Wer jetzt immer noch davon fabuliert, die AKW wieder anzuschalten, macht Politik aus dem Wolkenkuckucksheim.»

Die Landtags-Grünen fordern: «Bayern braucht keine Staatsregierung, die im Gestern festhängt und einem Technologie-Dinosaurier nachtrauert», so Schulze. Die Regierung müsse vielmehr den Windkraft-Ausbau vorantreiben und Hürden bei Tiefengeothermie abbauen. Das würde Bayern unabhängiger machen und die heimische Wirtschaft stärken. Die Industrie brauche günstigen Strom aus erneuerbaren Quellen.

Stümpfig verwies überdies auf die Langzeitfolgen aus dem Atomzeitalter: «Der aufwendige Rückbau der Kraftwerksgebäude, der Umgang mit Unmengen von radioaktivem Abfall und die weiterhin ungelöste Endlagerfrage werden uns noch über Generationen als Jahrhundertaufgabe beschäftigen.»

Der Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Richard Mergner, sprach angesichts des Atomausstiegs von einem «Riesenerfolg für die Umweltbewegung, die ein halbes Jahrhundert lang gegen diese Hochrisiko-Technologie gekämpft hat» und betonte: «Weder sind bei uns die Lichter ausgegangen, noch ist die Kohleverstromung nach oben geschnellt.»

Vor drei Wochen war vom Umweltministerium die Rückbaugenehmigung für Isar 2 erlassen worden. Schon im Herbst 2023 hatte der Betreiber mitgeteilt, dass die Anlage nicht mehr hochgefahren werden kann. Nach dem Abschalten hatten Mitarbeiter mit vorbereitenden Maßnahmen für den Rückbau begonnen. Zudem stünden die für einen Betrieb erforderlichen Mitarbeiter nicht mehr zur Verfügung, so PreussenElektra Geschäftsführer Guido Knott im Herbst. Das Thema Wiederinbetriebnahme sei «definitiv vom Tisch».

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte nach dem Herunterfahren von Isar 2 noch gesagt, die Anlage in Landesverantwortung weiterbetreiben zu wollen und von der Bundesregierung eine Änderung des Atomgesetzes gefordert.

Dafür kassierte er umgehend Kritik vom damaligen Präsidenten des Bundesamtes für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE): «Bundestag und alle Bundesländer einschließlich Bayern haben sich nicht nur auf den Ausstieg aus der Kernenergie verständigt, sondern auch die Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Weg gebracht.» Der geforderte Sonderweg Bayerns widerspreche geltendem Recht und gefährde die Endlagersuche.

Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) bezeichnete den deutschen Atomausstieg vor drei Wochen einmal mehr als falsch. «Wir haben uns immer dafür eingesetzt, die Kernkraftwerke als klimafreundliche Brücke vorübergehend weiterlaufen zu lassen.» Der Vorrang für erneuerbare Energien sei im Bayerischen Klimaschutzgesetz festgeschrieben, der Freistaat setze auf deren schnellstmöglichen Ausbau. Jedoch: «Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen brauchen wir jede Kilowattstunde Energie, die wir selbst erzeugen können. Mit Isar 2 wäre es noch immer möglich, bezahlbaren und CO2-freien Strom in Bayern zu produzieren.» Vor dem Aus deckte Isar 2 nach Ministeriumsangaben rund 18 Prozent der bayerischen Stromproduktion ab.

Neben dem Meiler Isar 2 waren am 15. April 2023 auch das Atomkraftwerk Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg vom Netz genommen worden. Der Rückbau ist Aufgabe der Betreiber. Im Fall von Isar 2 sollen diese Arbeiten bis Ende der 2030er-Jahre abgeschlossen sein. Vier bayerische Atomkraftwerke befinden sich bereits im Rückbau: Isar 1, Grafenrheinfeld sowie Grundremmingen Block B und C.

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