Der fränkische Gipshersteller Knauf liefert nach eigenen Angaben seit Februar 2022 keine Waren mehr nach Russland und exportiert auch nichts mehr aus Russland. Knauf liefere aus der EU auch keine Baustoffe in die von Russland besetzte ukrainische Großstadt Mariupol, teilte das Unternehmen am Freitag mit.
Das ARD-Magazin «Monitor» hatte berichtet, Reporter hätten auf Gipssäcken in Mariupol den Namen Knauf entdeckt. Ein Vertragshändler von Knauf werbe damit, dass er ein Wohnhausprojekt im Auftrag des russischen Verteidigungsministeriums mit Knauf-Baustoffen erbaut habe. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter kritisierte laut «Monitor», dass Knauf und andere Firmen dort «russische Macht zementieren».
Der Sanktionsrechtsexperte Viktor Winkler sagte der «Mainpost», er sehe bisher «keinen Verstoß gegen die geltenden Sanktionen durch Knauf» und warne «daher ausdrücklich vor einer Hexenjagd». Im Internetportal Verfassungsblog.de schrieb Winkler, die Empörung über die Geschäfte sei nachvollziehbar, die allgemeine Verwunderung über die klaffende Sanktionslücke aber nicht: Die Sanktionspolitik der EU sei ein «Flickenteppich», Maßstäbe und Plan seien nicht erkennbar. Holz sei sofort sanktioniert worden, «Diamanten als extrem wichtige Einnahmequelle Russlands erst jetzt, Import von Stahl ist verboten, Export nicht», und bei Gas, Öl und Flüssig-Erdgas (LNG) herrsche Chaos. «Die Beispiele ließen sich endlos verlängern.»
Knauf betreibt ein Werk bei Kiew und 14 Produktionsstätten mit 4000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Russland. Das Familienunternehmen verurteile den Angriffskrieg auf die Ukraine und befolge sämtliche Sanktionen der EU, Großbritanniens und der USA gegen Russland: «Wir weisen den Vorwurf, das nicht zu tun, aufs Schärfste zurück», heißt es in der Stellungnahme. Knauf produziere Baustoffe, sei aber nicht als Bauherr oder Investor an Bauvorhaben beteiligt. «Knauf unterhält keine direkten Lieferverträge zu Verbrauchern oder Verarbeitern von Knauf-Produkten in Russland. Unsere Produkte gelangen dort über viele verschiedene, von Knauf unabhängige Händler zu den Endkunden. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie und wo die Endkunden unsere Produkte verwenden.»
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte: «Es muss jetzt hier sehr schnell durch die zuständigen Ermittlungsbehörden aufgeklärt werden, was der genaue Sachverhalt ist.» Dies seien das Zollkriminalamt und die Staatsanwaltschaften. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, der Wiederaufbau in Mariupol diene Russlands Propaganda. Wer sich daran beteilige, müsse sich fragen, in wessen Dienst er sich damit stelle.
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