Der Forschungsreaktor FRM II der Technischen Universität München darf auch in Zukunft mit hochangereichertem Uran betrieben werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München wies mit einem am Mittwoch bekanntgegebenen Urteil eine Klage des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) gegen den Weiterbetrieb ab. Die detaillierten Urteilsgründe liegen nicht vor. Diese würden erst später in den kommenden Monaten bekanntgegeben, sagte ein VGH-Sprecher. Das Abfassen des schriftlichen Urteils dauere angesichts der Komplexität des Klageverfahrens länger.
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) begrüßte die Entscheidung des Gerichts. «Das ist eine Entscheidung für die Wissenschaft und gegen Ideologie», sagte er. Der BN kündigte an, nach Vorlage des Urteils Rechtsmittel prüfen zu wollen.
Der Forschungsreaktor in Garching bei München ist derzeit nicht in Betrieb, seit mehreren Jahren steht er wegen fehlender Brennelemente, der Corona-Pandemie sowie Reparaturarbeiten still. Im Jahr 2025 soll der Reaktor wieder hochgefahren werden.
Der Streit dreht sich darum, dass der BN den Betrieb mit auf 93 Prozent angereichertem Uran seit dem Jahr 2011 für illegal hält. Hintergrund ist, dass es einst eine Ankündigung gab, die Anlage zu dem damaligen Zeitpunkt auf einen neuen Brennstoff mit deutlich weniger angereichertem Uran umzustellen.
Dies wird sich nach heutigem Stand aber noch etliche Jahre hinziehen. Die TU München betonte angesichts des Urteils allerdings erneut, dass man den Weg, komplett auf niedrig angereichertes Uran 235 mit Werten unter 20 Prozent umzusteigen, intensiv weiterverfolge.
Die Umweltschützer kritisieren, dass der Reaktor aktuell mit waffenfähigem Material betrieben werde. Der BN-Vorsitzende Richard Mergner verwies nach dem Urteil nochmals auf die Gefährlichkeit der Brennelemente: «Es gibt einen internationalen Konsens, dass man Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umrüstet, damit es insgesamt weniger Anreicherung gibt für den Bau von Atombomben.»
Der FRM II erfülle weiter die atom- und umweltrechtlichen Sicherheitsanforderungen, hatte hingegen das Umweltministerium betont. Landtagsabgeordnete der Grünen verlangten unterdessen nach der Gerichtsentscheidung, Forschung mit atomwaffenfähigem Material politisch zu stoppen.
Der Forschungsreaktor war im Jahr 2004 als eine der wichtigsten Neutronenquellen Europas für Forschung, Medizin und Industrie in Betrieb gegangen. Der Betrieb mit bis zu 93 Prozent angereichertem Uran war bis Ende 2010 genehmigt, dann sollte auf maximal 50 Prozent umgestellt werden. Mangels dieses Brennstoffs wurde der Betrieb bis jetzt aber von den Behörden weiter genehmigt.
«Es geht hier um extrem wichtige Forschungsinfrastruktur für Bayern, Deutschland und Europa», betonte Minister Blume. Die in Garching gewonnene kerntechnische Expertise sei beispielsweise entscheidend für medizinischen Fortschritt. Der Wissenschaftliche Direktor des FRM II, Professor Christian Pfleiderer, sagte, dass es sich um eine «für Wissenschaft und Medizin weltweit einzigartige Anlage» handele.
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