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Zeitzeugen setzen sich für Demokratie ein

Günter Wetzel sitzt im Haus der Bayerischen Geschichte an einer Vitrine. / Foto: Armin Weigel/dpa
Günter Wetzel sitzt im Haus der Bayerischen Geschichte an einer Vitrine. / Foto: Armin Weigel/dpa

Bei einem dreitägigen Fest hat das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg die Werte der Demokratie hervorgehoben. Im Mittelpunkt standen die Berichte zweier Zeitzeugen: des mit seiner Flucht aus der DDR bekannt gewordenen Günter Wetzel (69) und des Alt-Landrates von Schwandorf, Hans Schuierer (93). Beide sind vor allem in Schulen unterwegs und werben für die Demokratie. «Ich möchte die Unterschiede aufzeigen zwischen einer Diktatur wie der DDR und einer Demokratie», sagte Wetzel.

Vor 45 Jahren war ihm mit seiner und einer befreundeten Familie von Thüringen aus eine waghalsige Flucht gelungen. Der Ballon landete auf bayerischer Seite der damaligen innerdeutschen Grenze nahe Naila (Landkreis Hof). Seit 2019 ist der Stoff des Ballons vorübergehend im Museum der Bayerischen Geschichte ausgestellt.

Sein Antrieb zur Flucht sei der Wunsch nach einem Physikstudium gewesen, sagte Wetzel. Das sei ihm verwehrt worden, weil sein Vater 1962 die DDR verlassen hatte, und weil er selber nicht in die SED eintreten wollte. Dass beispielsweise während der Corona-Pandemie Menschen behauptet hätten, die Einschränkungen seien «wie in der DDR», habe ihn geärgert. Diese Menschen wüssten eben nicht, wie eingeschränkt die Freiheit in der DDR tatsächlich gewesen sei.

Wetzel, der nach seiner Flucht 40 Jahre lang in Oberfranken lebte und 2019 nach Chemnitz zog, findet es erstaunlich, dass Kinder und Jugendliche heute wenig über die DDR wüssten - und zwar in allen Teilen Deutschlands. Antidemokratische Bestrebungen wie die der «Reichsbürger» sind für Wetzel völlig unverständlich und eine Motivation, seine Geschichte weiterhin zu erzählen.

Die Flucht hatte im September 1979 im dritten Versuch geklappt. Ein Bericht über ein Ballonfahrer-Treffen in den USA, den er in einer West-Zeitschrift gelesen hatte, habe ihn auf die Idee gebracht, so Wetzel. Zusammen mit seinem Arbeitskollegen Frank Strelzyk baute und nähte er einen Heißluftballon, der ihren Familien den Weg in die Bundesrepublik ermöglichte. Die Stasi sei ihnen schon auf den Fersen gewesen, so Wetzel.

Wenige Monate nach der Flucht hatte er sich nach eigenen Worten aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, um sich sein neues Leben im Westen aufzubauen. 2009, anlässlich des 30. Jahrestages, habe er eine Homepage zur Ballonflucht erstellt. Seither ist er als Zeitzeuge unterwegs. Dass seine Geschichte viele Menschen interessiere, mache ihn «ein bisschen stolz».

Hans Schuierer wurde mit seiner Standhaftigkeit im Kampf gegen eine Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) in Wackersdorf (Landkreis Schwandorf) zur Symbolfigur des Atomkraft-Widerstandes. Wackersdorf war Mitte der 1980er Jahre zu einem der Brennpunkte der damals noch jungen Umweltbewegung in der Bundesrepublik geworden.

Schuierer hatte nach anfänglicher Zustimmung zu dem WAA-Projekt - um Arbeitsplätze zu gewinnen - schnell seine Meinung geändert. Als er sich weigerte, die Baupläne für die Anlage zu unterzeichnen, änderte die CSU-Staatsregierung in München das Verwaltungsrecht. Das als «Lex Schuierer» bekannt gewordene Gesetz ermöglicht es dem Staat seitdem einzugreifen, wenn Landräte oder Bürgermeister trotz Weisung nicht tätig werden.

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