Das traditionell verstimmte Glockenspiel am Münchner Marienplatz löst politischen Missklang in der Landeshauptstadt aus. Angeführt von Stadträten der SPD und der Freien Wähler, fordern die Fraktionen im Stadtparlament eine Beseitigung der «Verstimmungen im Rathaus». Doch laut Baureferat wird gerade an der klanglichen Verbesserung gearbeitet - und zu hören sind demnach derzeit gar nicht die Glocken, sondern eine Aufnahme vom Band aus dem Jahr 2007.
Das 1909 in Betrieb genommene Glockenspiel am Turm des neugotischen Rathauses zählt zu den berühmtesten Münchner Touristenattraktionen und erklingt von März bis Oktober täglich dreimal. Im Sommer lauschen Scharen von Menschen. Ein gestimmtes Glockenspiel könne auch ein Vorbild für die politisch Tätigen sein, erklärte der SPD-Stadtrat Roland Hefter. «Es geht um ein Zusammenspiel – einzelne falsche Töne vergraulen das Publikum und fördern die Politikverdrossenheit.»
Laut Baureferat unterliegt das historische Glockenspiel mit seinen 43 Glocken «seit jeher konstruktions- und witterungsbedingt tonalen Schwankungen», wie die Behörde in ihrer Replik vom Donnerstagnachmittag mitteilte.
Derzeit arbeitet demnach eine Akustikfirma an der Feinjustierung der neu eingebauten automatisierten Ansteuerung des Glockenspiels. «Bis zur Fertigstellung der laufenden komplexen Steuerungs- und Stimm-Justierung erfolgt das Abspielen des Glockenspiels per Tonaufnahme», heißt es in der Mitteilung. Diese Aufnahme soll laut Baureferat den originalgetreuen Klang nach der letzten Klangverbesserung im Jahr 2007 wiedergeben. Die Restaurierung soll nach Möglichkeit im Laufe der nächsten Monate abgeschlossen werden, wie eine Sprecherin des Baureferats am Freitag sagte.
Allerdings war das Glockenspiel noch nie für Wohlklang oder harmonische Stimmung berühmt. Dies fällt auch zahlreichen Touristen auf, wie auf der Webseite «Tripadvisor» nachzulesen ist. «Langweilig, verstimmt, und dauert ewig», fasste etwa ein Besucher aus Australien im Jahr 2018 sein Urteil zusammen.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten