Ruhe ist beim Bayerischen Jagdverband (BJV) noch nicht eingekehrt. Das hat sich am Samstag beim Landesjägertag in Weiden in der Oberpfalz gezeigt. Seit Jahren gibt es verbandsintern Streit, zeitweise drohte eine Spaltung. Nun fand die Mitgliederversammlung aufgrund eines kurzfristigen Gerichtsbeschlusses nicht-öffentlich statt. Teilnehmen durften Kreisgruppenvorsitzende, aber nicht alle ursprünglich eingeladenen Delegierten. Jagdminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bot sich als Mediator an.
Der Vorsitzende der Kreisgruppe Memmingen, Andreas Ruepp, hatte laut BJV kurzfristig beim Landgericht München I erwirkt, dass die Mitgliederversammlung nicht-öffentlich stattfinden musste. Delegierte, Gäste und Journalisten durften anders als sonst nicht teilnehmen. Bei Zuwiderhandlung drohte ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine bis zu sechsmonatige Ordnungshaft.
Konkret, so sagte Ruepp der Deutschen Presse-Agentur, sei es ihm darum gegangen, dass die Veranstaltung nicht via Livestream uneingeschränkt über das Internet gezeigt wird. Begründet hatte Ruepp dies in seinem Antrag an das Gericht damit, dass in der Mitgliederversammlung der Haushaltsplan des BJV besprochen werden sollte, der unter anderem Personalkosten enthält. Deren öffentliche Erörterung würde die Persönlichkeitsrechte betroffener Mitarbeiter verletzen.
Sein Ansinnen sei ausdrücklich nicht gewesen, dass Delegierte, Gäste und Journalisten von der Mitgliederversammlung ausgeschlossen werden, so Ruepp. Für ihn wäre es auch in Ordnung gewesen, wenn sich über ein Kennwort Mitglieder in einen Livestream hätten einwählen können - aber eben nicht jeder. Das BJV-Präsidium habe den Antrag strenger ausgelegt als von ihm gefordert.
BJV-Präsident Weidenbusch dagegen sagte, der Verband habe nicht das Risiko eines Ordnungsgeldes eingehen wollen. Aus Verbandssicht habe das Landgericht in seiner einstweiligen Verfügung Interpretationsspielraum offen gelassen, sodass der Verband - auch angesichts der Kürze der Zeit - sicherheitshalber die Anordnung streng ausgelegt habe. Der BJV habe gegen die Verfügung am Freitag beim Landgericht noch Widerspruch eingelegt, der jedoch nicht mehr bearbeitet worden sei.
Unter den Delegierten, die aus allen Teilen Bayerns angereist waren, herrschte Unmut über den erst am Morgen angekündigten Ausschluss aus der Mitgliederversammlung. Hätte sie das vorher gewusst, wäre sie gar nicht erst nach Weiden gefahren, sagte eine Delegierte.
Der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch ist 2020 zum BJV-Präsidenten gewählt worden. Ruepp zählt zu seinen schärfsten Kritikern. Beim Landesjägertag vor einem Jahr in Hof strebte eine Kreisgruppe die Abwahl Weidenbuschs an, der dann jedoch im Amt bestätigt wurde. Die nächste turnusmäßige Wahl ist für 2025 vorgesehen.
In der nicht-öffentlichen Sitzung ist das Präsidium mit Weidenbusch an der Spitze mit 76 Prozent der Stimmen entlastet worden, 19 Prozent votierten dagegen und fünf Prozent enthielten sich, wie eine Sprecherin mitteilte. Der Haushalt mit einem Volumen von 7,5 Millionen Euro sei von 74 Prozent der Stimmberechtigten gebilligt worden, bei 17 Prozent Gegenstimmen und 9 Prozent Enthaltungen.
Jagdminister Aiwanger forderte den Verband zu Geschlossenheit auf. Der BJV solle die Interessen der Jagd vertreten und das Kriegsbeil begraben, statt sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, sagte er unter dem Applaus der Zuhörer. Er bot an, sich mit den verschiedenen Parteien an einen runden Tisch zu setzen. «Und dann ist Ruhe!»
Inhaltlich forderte Aiwanger unter anderem einen restriktiveren Umgang mit Wolf, dessen Erhaltungszustand inzwischen günstig sei, was die Bundesregierung anerkennen müsse. Zudem sei eine neue Fischotter-Verordnung in Arbeit, denn Fischotter plünderten inzwischen die Gewässer. Jedes Tier habe seine Daseinsberechtigung, sagte Aiwanger. Wenn aber der Bestand aus dem Ruder laufe, müsse man eingreifen.
Ein weiteres Thema bei der Tagung war unter anderem der Treffsicherheitsnachweis, der nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Bayern jagdgesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Einen solchen verpflichtenden Nachweis gibt es in 6 von 16 Bundesländern. Der BJV plant einen freiwilligen Treffsicherheitsnachweis, um die Schießfertigkeit von Jägerinnen und Jäger bestätigen zu können. Es gehe darum, sicherzustellen, dass ein Tier sofort sicher getötet und nicht lediglich verletzt werde, so eine Sprecherin.
Vizepräsident Roland Weigert: «Wir setzen dabei bewusst auf Freiwilligkeit und Verantwortungsbewusstsein. Denn wir sind uns sicher: Unsere Jägerinnen und Jäger jagen waidgerecht, tierschutzkonform und vermeiden Tierleid.»
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