In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden ist die Verwendung geschlechtersensibler Gendersprache ausdrücklich verboten. Das Kabinett beschloss am Dienstag in seiner Sitzung in München die dafür notwendige Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Die AGO verpflichtete die staatlichen Behörden und damit auch die Schulen zwar bereits jetzt, die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr anzuwenden, diese Regelung sei nun aber nochmals «klarstellend ergänzt» worden, hieß es weiter.
«Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein», sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Es gehe mit dem Verbot aber auch darum, die «Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten». Eine ideologisch geprägte Sprache etwa beim Gendern habe dagegen eine exkludierende Wirkung. In bestimmten gesellschaftlichen Milieus gebe es zudem viele missionarische Nutzer bei der Verwendung der Sprache, was nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei.
Die amtliche Regelung der Rechtschreibung ist auch Grundlage des Unterrichts an den bayerischen Schulen. Daher werde das Kultusministerium die Schulen über die präzisierten Vorgaben zur Gendersprache informieren. Zudem sollen die Vorgaben für die Lernmittel angepasst werden.
Nach der Regelung sind Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Gender-Gap, Genderstern, Doppelpunkt oder Mediopunkt ausdrücklich unzulässig. «Das gilt unabhängig von etwaigen künftigen Entscheidungen des Rates für deutsche Rechtschreibung zu der Frage der Verwendung von Sonderzeichen», teilte die Staatskanzlei weiter mit.
Der Bayerische Lehrerverband erklärte, er begrüße die Gendervorgaben weitestgehend, hätte sich aber mehr Selbstbestimmung und entsprechende Freiheiten für die Schulen vor Ort gewünscht. Immerhin seien «die befürchteten weitergehenden Verbote ausgeblieben», sagte Verbandspräsidentin Simone Fleischmann. Wichtig sei, dass die Schulen frei im mündlichen Sprachgebrauch blieben und die Schülerinnen und Schüler nicht um ihre Noten fürchten müssten, «wenn sie neugierig sind, Fragen stellen und sich um eine geschlechtergerechte Sprache bemühen». Auch künftig seien die Lehrkräfte nicht verpflichtet, das «Gendern» von Texten mit Sonderzeichen als Fehler zu werten.
Die Arbeiterwohlfahrt Bayern bewertete den Beschluss als Widerspruch zum geplanten Aktionsplan Queer: «Wir finden, jede*r soll sich selbst für oder gegen Gendern entscheiden können», teilte der Verband schriftlich mit. Eine «vielfaltssensible Sprache» sei aber wichtig, damit sich alle Menschen angesprochen fühlten, und bekannt sei, dass Sprache Denkmuster präge und Stereotype aufbrechen könne.
In der Praxis müssen sich kommunale Behörden aber nicht an die neuen Vorgaben halten, wie auch Herrmann einräumte. Er gehe aber von einer Signalwirkung aus, wenn der Freistaat hier derart vorangehe. Welche Konsequenzen etwa Lehrern drohen, wenn sie sich nicht an die Regelungen halten, erklärte er nicht. Auf Nachfrage sagte Herrmann, das Verbot sei nun als Standard festgeschrieben. Ob es in fünf oder zehn Jahren eine andere Regelung brauche, werde man sehen. Man könne auch ohne Sonderzeichen geschlechtergerecht schreiben.
«Klar ist, dass Lehrkräfte sich daran halten müssen», betonte Herrmann. Im gesamten dienstlichen Schriftverkehr, also auch bei Schreiben an Eltern, der kompletten internen Kommunikation und im Unterricht. Das sei eine klare und konsequente Linie, «die wir mit Augenmaß verfolgen». Besonders wichtig sei es der Staatsregierung, dass niemand benachteiligt werde, wenn er oder sie auf geschlechtersensible Sprache verzichte.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren zuletzt mit Beschluss vom 15. Dezember 2023 nicht empfohlen und darauf hingewiesen, dass es sich um Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie handelt, die die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können.
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