Der Anbau von Braugerste ist in Bayern weiter zurückgegangen. «Wir haben wieder deutlich Anbaufläche verloren», sagte Getreide-Experte Anton Huber vom Bayerischen Bauernverband (BBV). Nach Angaben der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurde in diesem Jahr auf rund 76.500 Hektar Sommergerste angebaut, die, wenn sie entsprechende Qualitätskriterien erfüllt, als Braugerste vermarktet werden kann. Im Vorjahr waren es noch fast 87.000 Hektar. Anbauschwerpunkt ist Nordbayern.
In den 1980er Jahren ernteten Bayerns Bauern noch auf mehr als 300.000 Hektar im Frühjahr ausgesäte Gerste. «Sommergerste hat stark an Bedeutung verloren», fasste die LfL in ihrem Pflanzenbauspiegel zusammen.
Bundesweit mehr Anbaufläche
Bayern liegt mit dem Rückgang nicht im Bundestrend - denn in den anderen Bundesländern nahm die Anbaufläche sogar zu, wie Walter König, Geschäftsführer der bayerischen Braugersten-Gemeinschaft sagte.
Im Vorjahr habe vor allem zur Ernte der Regen für große Probleme gesorgt, es sei zu Ernteausfällen gekommen. In diesem Jahr konnte die Ernte leichter eingefahren werden. «Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen», sagte König mit Blick auf andere Getreidearten. Bei Raps und Weizen habe es größere Einbußen gegeben.
«Braugerste mag keine nassen Füße»
Die Qualität sei zufriedenstellend. «Es ist eine durchschnittliche Ernte mit durchschnittlicher Qualität.» Doch es gebe regionale Unterschiede: In Regionen mit vielen Regenfällen sei es zu Staunässe gekommen. «Und die Braugerste ist ein Sensibelchen, sie mag keine nassen Füße.»
Grundsätzlich sei es aber vielerorts gelungen, «gesunde Ware» trocken zu ernten. Braugerste werde schließlich dafür verwendet, ein hochwertiges Lebensmittel, das bayerische Bier, herzustellen. Deshalb sei es wichtig, dass das Getreide abgereift und trocken geerntet werden konnte.
Schon seit jeher reiche die Menge an Sommergerste, die in Bayern als braugerstenfähig angesehen wird, nicht aus für die bayerischen Mälzereien und Brauereien. Bayern sei auf Importe angewiesen, sagte König. Im Freistaat werden rund 500.000 Tonnen Braugerste jährlich verarbeitet.
Eine Säule der Brau- und Mälzerwirtschaft zur Versorgung mit Braugerste sei es, auch auf im Herbst ausgesäte Gerste zu setzen. Der Anteil sei in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen.
Mix aus Sommer- und Wintergetreide
Auch die Landesanstalt sieht einen Mix aus Sommer- und Wintergerste als Strategie, um weiterhin bayerische Braugerste anbauen zu können. «Ein ausgewogenes Verhältnis von Sommer- und Winterfrucht erscheint somit für die Anpassung an ein widriger werdendes Klima die richtige Strategie zu sein. Es wäre schön, wenn sich die Anbaufläche von Sommerbraugerste wieder auf einem etwas höheren Niveau als 2024 stabilisieren könnte», sagte Peter Doleschel, Leiter des LfL-Instituts für Pflanzenbau und -züchtung.
Das Risiko der Landwirtschaft
Im vergangenen Jahr mit einer nur geringen Erntemenge an Braugerste seien die Abnehmer der Landwirtschaft entgegengekommen und hätten auch Ware mit nicht passendem Eiweißgehalt angenommen, sagte König.
Dies sei aufgrund der neuen Düngeverordnung eine grundsätzliche Tendenz: «Die abnehmende und verarbeitende Hand geht auf die Landwirtschaft zu.» Mälzerbund und Bauernverband hätten einen neuen Liefervertrag ausgehandelt. Ziel sei es, den Braugerstenanbau wieder zu steigern und die regionale Verfügbarkeit des Produkts zu stärken. Teil des Vertrags sei es, die Vorgaben zum Eiweißgehalt zu lockern. Damit sinke das Risiko des Landwirts, dass aus seiner Sommergerste Futtergerste wird. Denn: «Die Fallhöhe zwischen dem Preis für Braugerste und für Futtergerste ist sehr hoch.» Sei die Qualität der Gerste so niedrig, dass sie nur noch als Futtergetreide vermarktet werden könne, rutsche der Landwirt in die Verlustzone. «Wir sehen ein, dass Landwirte dieses Risiko nicht mehr gehen können», versicherte König.
Die Risiken betonte auch die LfL in ihrem Pflanzenbauspiegel: «Nach wie vor gibt der schmale Bereich des optimalen Eiweißgehaltes für die Vermälzung Anlass zu Diskussionen. Die bayerische Braugerste erfüllt höchste Qualitätsanforderungen. Wünschenswert wäre eine höhere Anerkennung in der Wertschöpfungskette.»
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten